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AutorenbildJulia Moldenhauer

Zweigeteilt – Jugendlich – Originell



Zum Titel


Der Roman „Nackt auf Usedom“ von Kaelo Michael Janßen und Thomas Nicolai wurde im März 2023 im Satyr Verlag veröffentlicht. Das Buch umfasst 392 Seiten, ist ein Hardcover mit Lesebändchen und verzichtet auf einen Schutzumschlag.



Zum Inhalt


Das Buch beginnt 1982 mit Torsten, der in Dortmund wohnt. Da sich der 16-Jährige in seiner Freizeit lieber mit Musik beschäftigt und mit dem weiblichen Geschlecht vertraut macht, sieht es in der Schule nicht so rosig aus - er ist versetzungsgefährdet. Um sich noch zu retten, halst ihm seine Geschichtslehrerin eine Brieffreundschaft mit Andreas aus Leipzig auf. Von ihm soll er hautnah etwas über die DDR erfahren und die Recherche in einem Referat der Klasse vorstellen. Gezwungenermaßen stimmt Torsten zu, dem „Ossi“ Informationen über seinen Lebensalltag zu entlocken, doch es ergeben sich einige Probleme, diesseits und jenseits der Mauer…



Rezension


Es ist interessant, wie gefragt das Thema DDR ist derzeit ist, etliche Romane und Sachbücher sind im letzten halben Jahr über die Zeit vor der Wiedervereinigung erschienen. In ihnen wird aber fast ausschließlich aus heutiger Sicht zurückgeblickt, das ist in diesem Roman anders, er spielt zu der Zeit, als die Mauer noch stand. Auch, dass Jugendliche und ihr Lebensalltag zur Sprache kommen, ist mir bisher nicht – als Hauptthema – begegnet.

So weit, so gut. Eine spannende Idee, auch, wie es überhaupt zu der Brieffreundschaft kommt, die Lebensrealitäten der beiden Teenager, die sich so ähnlich sind, es aber ganz anders ausleben. Das Buch ist optisch auffällig und übersichtlich gestaltet, die Perspektive wechselt schließlich stetig hin und her. Zum einen sind da die Briefe, die hin und her geschickt werden, zusätzlich verlagert sich aber auch die gesamte Handlung von Dortmund nach Leipzig und umgekehrt. Da findet man sich aber örtlich und zeitlich wirklich gut zurecht.

Die beiden Autoren konnten in diesen Roman ihre eigene Jugend einbringen, Kaelo Michael Janßen kommt aus Dortmund, Thomas Nicolai ist in Leipzig geboren, und Manches ist womöglich nicht so sehr Fiktion, sondern so oder ähnlich von den Autoren erlebt und auf ihre Charaktere übertragen worden. Ein vorausschauender Ansatz, die zwei Protagonisten von je einem Autor schreiben zu lassen!

Ich habe ein witziges, originelles und kurzweiliges Buch hinter dem Titel „Nackt auf Usedom“ vermutet und das habe ich auch bekommen. Allerdings blieb es insgesamt hinter meinen Erwartungen, was mehrere Gründe hat.

Von der letzten Seite betrachtet hätte ich mir insgesamt mehr Text in Briefform gewünscht. Diese machen nur einen geringen Teil aus, verstummen letztendlich ganz, der größte Teil der Handlung findet als handelsübliche Prosa statt. Ein reiner Briefroman wäre sicher schwierig, da Andreas ja nicht einfach schreiben kann, was er will, aber diese „Brieffreundschaft“ war für mich irgendwie ein Kern und dafür aber zu klein… Die unterschiedlichen Voraussetzungen und Möglichkeiten wären dann vielleicht auch noch deutlicher gewesen.

Die größte Schwierigkeit beim Lesen hatte ich allerdings mit der Sprache und Wortwahl. Ich war in den 90ern in der Jugendfeuerwehr und auch wenn es sich abwertend gegenüber meinen Jugendwarten anhört – so haben die geredet. Abgedroschene Wortschöpfungen oder Kraftausdrücke in jedem Satz. Was damals einigermaßen witzig war (da war ich aber halt ein Teenie) ist aus heutiger Sicht echt anstrengend für mich gewesen, zumal ich mit den testosterongesteuerten, biertrinkenden, musikmachenden Ich-Erzählern sowieso meine liebe Not hatte, mich in sie hineinzuversetzen. Nun gut, der Roman geht bis ins Jahr 2009, da waren Torsten und Andreas dann 23 Jahre alt. Ich hatte auf eine Entwicklung gehofft, dass sie (vor allem Torsten) irgendwann normal sprechen, doch leider umsonst. Das hat beim Schreiben bestimmt wahnsinnig Spaß gemacht, aber beim Lesen hatte ich regelrechte Flashbacks.

Für meinen Geschmack hätte das Buch etwas mehr Niveau haben können. Das ist nicht böse gemeint, aber zum Beispiel direkt mit einer Feuchter-Traum-Szene zu beginnen fand ich unglücklich gewählt. Es ist möglicherweise ein Buch für Männer um die 45-50 Jahre, denn die werden sich an einiges erinnern können und vielleicht mehr in der Geschichte finden, als ich darin entdeckt habe.

Bin halt auch viel zu jung.



Zum Verlag


Den Satyr Verlag gibt es seit 2005. Er hat seinen Sitz in Berlin und ist ein unabhängiger Verlag. Als solcher ist er gut vernetzt mit anderen kleinen Indie-Verlagen, als Bürogemeinschaft oder auch, was die Auslieferung der Bücher betrifft.

Zu den Themenschwerpunkten der jährlich etwa 10 veröffentlichten Werke gehören Romane, Geschichtensammlungen und Spoken-Word-Lyrik. Der Satyr Verlag ist oft bei Poetry-Slam-Events anzutreffen und steht für humorvolle, satirische und unkonventionelle Literatur.

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