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AutorenbildJulia Moldenhauer

Melancholisch - Leidenschaftlich - Herausragend



Zum Titel


Der Roman „Anderes kenne ich nicht“ von Elisa Levi wurde 2021 in Spanien unter dem Titel „Yo no sé de otras cosas“ veröffentlicht. Die deutsche Ausgabe erschien 2022 von Kirsten Brandt übersetzt im Trabanten Verlag. Das Buch umfasst 197 Seiten und trägt ein Lesebändchen.

Das Buch hat mir der Verlag für die Besprechung zur Verfügung gestellt.

Zum Inhalt Lea kennt nichts außer ihrem Dorf, welches am Ende der Welt liegt. Was jenseits des Menschen verschlingenden Waldes auf sie wartet, kann sie sich nicht vorstellen, aber sie hat ein Brennen im Bauch und will fortgehen. Wut und Sehnsucht und Traurigkeit begleiten die 19-Jährige, die jemanden liebt, doch von jemand anderem zurückgeliebt wird. Die innerhalb der 4 Straßen des Dorfes kaum eine intakte Familie benennen kann. Deren ältere Schwester von Geburt an leblos blieb. Als Lea am Neujahrsmorgen einen Fremden trifft, der seinen Hund verloren hat, erzählt sie ihm vom Untergang der Welt, dem Untergang ihrer Welt. Rezension Es gibt so einige Coming-of-age-Geschichten, die in Dörfern am Ende der Welt spielen und von Sehnsucht und Neuanfängen erzählen. Dieses hier ist einzigartig. Und vielschichtiger, als vermutet. Die Erzählsituation ist monologartig, Lea erinnert sich, beschreibt und rechtfertigt sich gelegentlich sogar, dabei springt sie zwischen Ereignissen hin und her. Der Fremde stellt keine Fragen, er ist als neutraler Zuhörer ihre Aussensicht auf die Ereignisse der vergangenen Wochen und Monate. Dadurch ist die Erzählung sehr lebhaft und vielseitig und man macht mit der jungen Frau all ihre Ängste, Wünsche und Träume noch einmal durch. Die Sprache ist wunderschön, poetisch und durch ihren Eigensinn fließend und melodisch. Elisa Levis Stil hat einen hohen Wiedererkennungswert, und das behaupte ich, obwohl dies ihr erstes ins Deutsche übersetzte Buch ist, aber es muss so sein. Ihre Sätze hallen an mehreren Stellen des Buches wider, wie ein Echo, was den Worten Nachdruck verleiht. Es ist ein melancholisches Buch und ich liebe Melancholie, vor allem, wenn sie so atmosphärisch ist wie hier. Diese Sehnsucht, der Kummer... Und doch ist die Geschichte nicht trist, denn Elisa Levi beschreibt die skurillen Figuren ihres Romans so bunt und echt, dass ich sie vor mir sehen kann und auch mal schmunzeln musste und mir warm ums Herz wurde. Da sprüht eine Leidenschaft aus jeder der aufwendig gezeichneten Figuren und in allen zeigt sich eine Tiefgründigkeit wie sie sich auch im Laufe der Erzählung in den Zusammenhängen zwischen ihnen offenbart. So gibt es für mich als Leserin viel zu entdecken und zu erfahren. Und nachzufühlen, denn auch Empathie zu erzeugen ist die Autorin in der Lage. In diesem Roman ist das Dorf nicht bloß eine Kulisse, vor der die Handlung stattfindet, das Dorf lebt und atmet und macht die Menschen zu dem was sie sind - und andersherum. Alles hängt mit allem zusammen in dieser abergläubischen, festgefahren und in höchstem Maße eingeschränkten, begrenzten Gemeinde. Und Lea ist nicht bloß die Erzählerin, sie ist eine tragische Heldin, eine, die am Ende so Vieles weiß, obwohl sie so Weniges kennt. Zum Verlag Der Trabanten Verlag wurde erst 2020 in Berlin gegründet. Verleger Fabian Leonhardt hatte zunächst hauptsächlich weltverändernde Lyrik im Sinn. Mit der "Lockdownlyrik" und der "Antikriegslyrik" wurden zahlreiche Lesungen, Events und Aktionen verbunden, so dass der Verlag schnell Aufmerksamkeit erregte. Ich durfte den Verlagsgründer bei einer Podiumsdiskussion auf der BUCHBERLIN erleben und seine Leidenschaft für das Medium Buch und den Autor als Marke ist ansteckend. Nach dem großen Erfolg mit Irene Solá ist nun auch Elisa Levi mit ihrem Buch auf Tournee, zeigt Publikumsnähe, liest, gibt Interviews. Sich sehen lassen, Gesicht zeigen, das ist das Konzept des Verlages, der glücklicherweise auch literarische Romane in sein Programm aufgenommen hat.

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